Seit Beginn der Pandemie gelten Kontaktbeschränkungen und Maskenzwang in unterschiedlicher Ausprägung als die zentralen Mittel, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Begründet werden diese Einschränkungen durch die Vorstellung, dass jeder unbemerkt andere in der Öffentlichkeit anstecken und somit in Gefahr bringen kann. Diese Vorstellung wurde gleich zu Beginn der Pandemie verbreitet, angetrieben durch eine Studie, an der auch der Virologe und Berater der Bundesregierung, Prof. Dr. Christian Drosten, beteiligt war.[1]
In dem untersuchten Fall hielt sich eine chinesische Geschäftsfrau für kurze Zeit in Deutschland auf, um an einem Geschäftstreffen teilzunehmen. Während ihres Aufenthaltes, so die Studie, sei es ihr gut gegangen und sie hätte keinerlei Anzeichen von Symptomen oder Infektion gehabt. Kurz nach ihrer Abreise wurden jedoch vier ihrer Geschäftspartner krank. Bei anschließenden Tests wurden die Frau und die Geschäftspartner positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getestet.
Die schon wenige Tage später veröffentlichte Studie stellte sich jedoch als unzutreffend heraus. Bei einem späteren Telefonat mit der Geschäftsfrau ergab sich, dass die Frau während ihres Besuchs keineswegs symptomfrei war, sondern fiebersenkende Mittel einnahm, um an dem Treffen teilnehmen zu können.[2][3][4] Es handelte sich hier also nicht um den klassischen Fall der Verbreitung einer Krankheit durch eine gesunde, symptomfreie Person. Bedauerlicherweise wurde die im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie nie zurückgezogen.
Die verschiedensten Viren besiedeln ständig unsere Nasen- und Rachenschleimhäute ohne dabei Erkrankungen auszulösen. Auch von gesunden Menschen können daher Viren verbreitet werden. Dies führt jedoch in der Regel nicht zu schweren Erkrankungen, denn die bei Gesunden vorhandene Virusmenge ist nur gering. In der abgegebenen Atemluft ist sie noch um das tausendfache geringer als in Nase und Rachen.
Eine Möglichkeit, die Gefahr einer asymptomatischen Übertragung wissenschaftlich zu überprüfen, ist die vorwärts gerichtete Kontaktverfolgung. Wird eine symptomfreie Person positiv getestet, werden sämtliche Kontakte bis zum Symptombeginn nachverfolgt und ebenfalls getestet. Stellt man anschließend bei den Kontakten das Virus fest, kann daraus eine asymptomatische Übertragung abgeleitet werden.
Schon Anfang des vergangenen Jahres wurden zwei derartige Studien in China durchgeführt. Eine Studie, in der Zeit zwischen Januar und März 2020 in der Stadt Guangzhou durchgeführt, geht von 71 „präsymptomatischen“ Personen, also Personen vor Symptombeginn, aus.[5] Von diesen wurden 369 Kontakte untersucht. Nur 12 davon waren positiv. Dabei fanden 10 der Übertragungen innerhalb derselben Haushalte statt und lediglich 2 in der Öffentlichkeit. Eine schwere Erkrankung wurde dabei nicht festgestellt.
Bei einer weiteren Studie aus Wuhan, die im Mai 2020 nach dem Lockdown durchgeführt wurde, wurden die Kontakte von 300 positiv getesteten symptomfreien Personen verfolgt. Dabei konnte bei keinem der 1.174 Kontakte eine Übertragung festgestellt werden.[6]
Die Studien zeigen, dass SARS-CoV-2-Viren - wie andere Viren auch - gelegentlich von gesunden Menschen weitergegeben werden können. Ob jedoch die schwere Lungenkrankheit COVID-19 von gesunden, symptomfreien Personen übertragen werden kann, ist eine andere Frage. Die Ergebnisse der genannten Studien sprechen glücklicherweise dagegen.
Weil Politik und Medien nicht zwischen Infektion und Krankheit unterscheiden gilt jeder Gesunde als potentieller Gefährder. Dabei geht die zentrale Fragestellung verloren: Ob gesunde, symptomfreie Personen die schwere Lungenkrankheit COVID-19 übertragen können.
Die beiden Autoren lehren und forschen seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Infektiologie und Mikrobiologie. Schon in ihrem im letzten Jahr erschienenen Buch „Corona Fehlalarm?“ haben sie sich kritisch mit den Corona-Maßnahmen auseinandergesetzt. In ihrem neuen Buch „Corona unmasked“ gehen sie unter anderem auf Notwendigkeit und Gefahr der Corona-Impfungen ein. Außerdem räumen sie anhand aktuellen Wissens erneut mit vielen durch die Medien verbreiteten Mythen, wie z.B. dem des asymptomatischen Virusverbreiters, auf und erklären sachlich grundlegende infektiologische Begriffe, wie Infektion und Immunität – ein hilfreicher Ratgeber gegen die Angst.
„Corona unmasked – Neue Zahlen, Daten, Hintergründe“ von Dr. Karina Reiss und Dr. Sucharit Bhakdi, Goldegg-Verlag, 2021.
Der Arzt und Politiker Dr. Wolfgang Wodarg setzt sich seit vielen Jahren durch politische Tätigkeiten und Publikationen für Transparenz in Medizin und Wissenschaft ein. Er war Bundestagsabgeordneter für die SPD, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages und Initiator und Sprecher der dortigen Enquetekommission Ethik und Recht der modernen Medizin.
Zudem war er im Europarat stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Parlamentarischen Versammlung und Vorsitzender des dortigen Unterausschusses für Gesundheit. Im Jahr 2009 initiierte er dort den Untersuchungsausschuss zur Schweinegrippe, um den Einfluss von Pharma-Unternehmen auf die damaligen Entscheidungen der WHO zu untersuchen.
In seinem aktuellen Buch zur Corona-Pandemie liefert er neben allgemeinem Wissen über Viren und dem Sars-Cov-2-Virus im speziellen einen kritischen Blick auf die Rolle von Politik und Medien und die Beeinflussungs-Strategien der Pharma-Branche. Dabei geht er auch auf das Problem der „institutionellen Korruption“ ein.
„Falsche Pandemien – Argumente gegen die Herrschaft der Angst“ von Dr. Wolfgang Wodarg, Rubikon-Verlag, 2021
Neben Anekdoten, wie aus der oben genannten Studie über das Geschäftstreffen, werden regelmäßig auch Schätzungen und Modellrechnungen als Beweis für die Übertragbarkeit von gesunden Personen angeführt. Erst jüngst wurde erneut eine solche Schätz-Studie, konzipiert durch den Charité-Professor Christian Drosten, veröffentlicht. In der Studie wird jedoch keine Kontaktverfolgung durchgeführt, sondern lediglich die Viruslast in Abstrichen von Personen untersucht und daraus eine mögliche Infektiosität geschätzt. Und als wollte man Beweise für die asymptomatische Übertragung erzwingen, werden dabei auch noch Personen ohne Symptome mit solchen mit leichten Symptomen zu einer Gruppe (PAMS - presymptomatic, asymptomatic and mild symptomatic) zusammengefasst. Ein Team von ScienceFiles hat die Studie analysiert und spricht von „Junk Science“.
Eine Meta-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine gesunde, aber infizierte Person jemand anderes innerhalb desselben Haushalts ansteckt, bei 0,7% liegt. Mit anderen Worten, eine asymptomatische oder präsymptomatische Person müsste 140 Personen im selben Haushalt treffen um 1 Person anzustecken. Die Wahrscheinlichkeit von solchen Übertragungen von Gesunden in der Öffentlichkeit, insbesondere im Freien, dürfte noch um ein Vielfaches geringer sein. Die Meta-Studie wertet die Ergebnisse von 54 Studien aus, in denen die Übertragung innerhalb von Haushalten untersucht wird.[7]
Dass von gesunden Personen in der Öffentlichkeit eine Gefahr ausgeht ist nicht nur medizinisch fraglich. Jeden Menschen pauschal als Gefährder zu betrachten widerspricht auch jedem normalen Gesellschaftsverständnis. Der erste und oberste Artikel des Grundgesetzes lautet „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. In einem ausführlich begründeten Urteil kommt ein Weimarer Amtsgericht im Januar zu dem Schluss, dass ein allgemeines Kontaktverbot die im Grundgesetz als unantastbar garantierte Menschenwürde verletzt.[8]
Das Gericht stellt fest, dass mit dem allgemeinen Kontaktverbot zum Zwecke des Infektionsschutzes jeder Bürger als potentieller Gefährder der Gesundheit Dritter behandelt wird. Wird aber jeder Bürger als Gefährder betrachtet, vor dem andere geschützt werden müssen, wird ihm zugleich die Möglichkeit genommen, zu entscheiden, welchen Risiken er sich selbst aussetzt, was eine grundlegende Freiheit darstellt. Das Gericht führt weiter aus, dass wenn alle Bürger vom Staat als potentielle Gefahrenquellen für andere betrachtet werden, sie zu Objekten herabgestuft werden, die mit staatlichem Zwang "auf Abstand" gebracht werden müssen. Nach der sog. Objektformel ist jedoch die Menschenwürde betroffen, wenn der konkrete Mensch zum bloßen Objekt herabgewürdigt wird.
In einem jüngsten Interview mit der Bild-Zeitung übt auch der Freiburger Verfassungsexperte Prof. Dietrich Murswiek scharfe Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung und am Bundesverfassungsgericht. Murswiek hatte im April im Auftrag des SPD-Rechtsexperten Florian Post vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Angela Merkels „Bundesnotbremse“ geklagt. Doch das Eilverfahren wurde abgelehnt und bis heute gibt es keine Entscheidung der Karlsruher Richter.
„Das Rechtsstaatsprinzip ist bereits schwer beschädigt“ sagt Murswiek im Interview, und weiter: „In der Pandemie wurde der Grundsatz ins Gegenteil verkehrt, wonach der Staat Freiheitseinschränkungen rechtfertigen und die Tatsachen, die zur Rechtfertigung dienen, beweisen muss. Jetzt muss der Bürger beweisen, dass er ungefährlich ist, und ab Oktober auch noch die Kosten für die Beweisführung tragen – in Form eines Corona-Tests.“
Murswiek bezweifelt im Interview, dass überhaupt noch eine „epidemische Lage von nationaler Bedeutung“ gegeben ist und kommt daher zu dem Schluss: „Eigentlich müssten alle Corona-Maßnahmen sofort beendet werden“.
[1] Hoelscher, M., et al.: "Transmission of 2019-nCoV Infection from an Asymptomatic Contact in Germany", New England Journal of Medicine, 382:970-971, DOI: 10.1056/NEJMc2001468, https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2001468?url_ver=Z39.88-2003&rfr_id=ori%3Arid%3Acrossref.org&rfr_dat=cr_pub++0pubmed
[2] „2019-nCoV: Doch keine Übertragung durch asymptomatische Infizierte in Bayern?“, Ärzteblatt, 4.2.2020, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/109147/2019-nCoV-Doch-keine-Uebertragung-durch-asymptomatische-Infizierte-in-Bayern
[3] Kupferschmidt, K.: "Study claiming new coronavirus can be transmitted by people without symptoms was flawed", Science, 3.2.2020, https://www.science.org/news/2020/02/paper-non-symptomatic-patient-transmitting-coronavirus-wrong
[4] RKI, Pressemitteilung: Stellungnahme des RKI zu Vorwürfen, Erkenntnisse zu asymptomatischer Übertragung ignoriert zu haben, https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Stellungnahme-2020-07-01.html
[5] Zhang, Cheng, Luo, et al.: "Secondary Transmission of Coronavirus Disease from Presymptomatic Persons, China", DOI: 10.3201/eid2608.201142, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7392433/
[6] Cao, Gan, Wang, et al.: "Post-lockdown SARS-CoV-2 nucleic acid screening in nearly ten million residents of Wuhan, China", Nature, 5917 (2020) , https://www.nature.com/articles/s41467-020-19802-w
[7] Zachary J. Madewell, Yang Yang, Ira M. Longini Jr, et al.: „Household Transmission of SARS-CoV-2 A Systematic Review and Meta-analysis“, JAMA Netw Open. 2020;3(12):e2031756. DOI:10.1001/jamanetworkopen.2020.31756, https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2774102
[8] AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20, https://openjur.de/u/2316798.html
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